5/30/2014

Roter Mond von Benjamin Percy

PENHALIGON  |  640 Seiten  |  19,99 €  |  978-3-7645-3123-2  |  Blogg dein Buch

INHALT

Als Regierungsagenten Claire Forresters Haustür eintreten und ihre Eltern ermorden, muss sie erkennen, dass sie und ihre Familie schon immer Ausgestoßene waren. Chase Williams hat seinen Wählern versprochen, die USA vor Terror zu beschützen. Doch nun wird er selbst zu dem, was er zu vernichten geschworen hat. Bis heute wird die Bedrohung durch Gesetze, Gewalt und Drogen in Schach gehalten. Doch die Nacht des Roten Mondes rückt näher, wenn die Welt für immer ihr Antlitz verändern wird – und die Schlacht um die Menschlichkeit beginnt … (goodreads.com)

MEINUNG

Wenn ich so einen dicken Schinken sehe, habe ich ja meistens das Problem, davon abgeschreckt zu werden und das Lesen am besten so lange wie möglich vor mir her zu schieben. Und bei "Roter Mond" war es auch nicht anders. Auch das Thema Wölfe, dass in Benjamin Percys Dystopie eine große Rolle spielt, hat mich davon abgehalten, sofort nach dem Erhalt des Buches mit dem Lesen anzufangen. Trotzdem hat mich der Inhalt des Buches angesprochen, sonst hätte ich mich nicht bei Blogg dein Buch dafür beworben.

Der Autor baut eine faszinierende Welt im Hier und Jetzt auf, die sehr komplex und logisch durchdacht ist. Besonders die Tatsache, dass die Geschichte nicht in der Vergangenheit oder der Zukunft, sondern in der Realität spielt, ist einen Blick hinter den Buchdeckel wert. Ich persönlich war gespannt, wie die "Ausgestoßenen" und die Menschen zusammenleben und wie sich der ganze Konflikt mit der heutigen Technik und dem Wissen lösen, bzw. ob er sich überhaupt lösen lässt. Die Themen, die Percy in seinem Buch behandelt, sind ja nicht neu. Es geht um Rassismus in etwas anderer Form, Politik, die Gesellschaft und vor allem die Menschlichkeit. 

Schreibstil-mäßig ist dieses Buch ein Meisterwerk. Benjamin Percys Stil ist komplex, aber irgendwo dann doch schlicht und leicht verständlich. Er schmückt seine Sätze mit dem gewissen Etwas aus, ohne dass sie zu philosophisch und überladen wirken. Leider konnte man erkennen, dass der Autor eine gewisse Liebe zum Detail hat. Manche langen Beschreibungen hätte man auch weglassen können, weil sie manchmal sogar den roten Faden der Geschichte unterbrachen und viel zu ausführlich waren, sodass ich mich teilweise schnell gelangweilt gefühlt habe. 

Trotzdem war die Geschichte durchgehend sehr spannend und konnte mich jedes Mal mitreißen, wenn ich die Seiten wieder aufgeschlagen habe. Bei dicken Büchern überfällt mich oft der Drang dazu, vor dem Umblättern auf die Seitenzahl zu schauen und dann nachzusehen, wie viele Seiten es noch bis zum nächsten Kapitel oder gar bis zum Ende sind. Glücklicherweise ist mir das bei "Roter Mond" sehr sehr selten passiert. Dafür gesorgt, dass die Spannung aufrechterhalten wurde, haben auch die ständigen Perspektivenwechsel. Es wurde oft in das Leben verschiedener Charaktere Einblick gegeben, was sehr viel Abwechslung aber auch Verwirrung mit sich gebracht hat. Da Percy sich sehr viele einzigartige Charaktere ausgedacht hat und manche sogar mehrere Namen hatten, wusste ich teilweise nicht mehr, was vorher passiert war oder wer diese Figuren genau waren.

Zu den Charakteren mag ich ehrlich gesagt im Einzelnen nicht viel sagen. Sie sind jeder auf seine Art und Weise einzigartig und sind mir ans Herz gewachsen - die "Guten" wie die "Bösen". Jeder geht seinen eigenen Weg und hat entschlossen ein Ziel vor Augen. Das war auch das, was mir so sehr gefallen hat. Keine Hilfs- und Schutzbedürftigen Charaktere, die anderen nur am Bein kleben sondern Figuren, die ihr Leben - wenn es sein muss - selbst in die Hand nehmen können und nicht bei jeder Kleinigkeit anfangen zu weinen. 

Dass mich das Ende enttäuscht hat, würde ich nicht unbedingt sagen, jedoch hatte ich anderes erwartet. Besonders der Epilog deutet darauf hin, dass es durchaus noch weitergehen könnte. Die offenen Fragen sind geblieben und werden - wenn nicht ein zweiter Band erscheint - der eigenen Kreativität und den Gedanken überlassen. 

FAZIT

Auf keinen Fall sollte man sich vom Umfang des Buches abschrecken lassen, denn hinter dem Buchdeckel steckt eine spannungsgeladene Geschichte und teilweise versteckte Gesellschaftskritik, die sich auch an uns heute richtet. Das Wort "Werwolf" sollte man bei "Roter Mond" auch auf keinen Fall in den Mund nehmen. Die einzigartigen, verschiedenen Charaktere hauchen der Geschichte besonderes Leben ein und verleihen dem Buch die Spannung, die es braucht. Kurz: Ein Buch, dass man nach dem Lesen zwar weglegt, aber sicher nicht so schnell vergisst.

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