6/01/2016

Dolfi und Marilyn von Francois Saintonge

288 Seiten  l  carl's books  l  14,99 €  l  9783570585375

Paris im Jahr 2060. Der geschiedene, alleinerziehende Geschichtsprofessor Tycho Mercier gerät durch einen Tombolagewinn in den Besitz eines Klons. Doch er bekommt nicht irgendeinen Klon vom Supermarkt geliefert: Es ist A.H.6, der sechste existierende, eigentlich verbotene Klon von Adolf Hitler. Dieser ist allerdings ganz anders als der Lieferant seines genetischen Materials: Er ist sanftmütig, bescheiden, unterwürfig und für Tychos Sohn ein willkommener Spielkamerad bei Computerkriegsspielen. Zu diesem merkwürdigen Hausgast gesellt sich bald noch ein Klon von Marilyn Monroe, den Tycho Mercier von seinem Nachbarn erbt. Sie verkörpert den Schwarm seiner Jugendjahre, aber auch sie riecht nach Ärger, denn es handelt sich um eine Raubkopie aus Südostasien … (goodreads.com)

MEINUNG

Als ich mir das Buch zur Hand genommen habe, habe ich mir eine humorvolle, witzige und vor allem außergewöhnliche Geschichte erhofft. Mit Charakteren, die unterschiedlicher und seltsamer nicht sein können. Außerdem klang eine Verknüpfung von Geschichte und Zukunft auch nicht schlecht - ja, zugegebenermaßen richtig interessant. Doch ob ein solcher Mix wirklich gut geht?

Nein. Denn schon beim Schreibstil des Autors fingen die Schwierigkeiten an. Es waren einfach zu viele langweilige Passagen über die Gedanken des Protagonisten oder über die Weltgeschichte eingebunden, sodass man leicht den Blick für die eigentliche Story verloren hat. Das ging so weit, dass man sich Seite für Seite einfach nur zu Tode gelangweilt hat (besonders wenn man kein Geschichtsfanatiker ist) und die Geschichte auch nie wirklich ins Rollen kam.

Das Buch besitzt 288 Seiten - eigentlich nicht viel, aber ich habe es trotzdem nicht geschafft, bis zum Ende durchzuhalten. Nach den ersten 100 Seiten habe ich das Buch abgebrochen. Es ging einfach nicht mehr. Im ersten Drittel des Buches ist ungefähr so viel passiert, wie man in 5 Seiten hätte erklären können. Die vielen Ausschweifungen und Erklärungen des Autors verwandelten den Verlauf aber in eine Durststrecke, wegen der ich dann auch aufgegeben habe. 

Mir war egal, wie sich die Geschichte noch entwickeln würde. Klar war ich besonders am Anfang fasziniert. Wie geht der Autor (französischer Herkunft) mit dem verbotenen Thema um, über das insbesondere Deutsche nicht gerne reden? Die angesprochenen Themen (Klone, Hitler, Zukunft, Vergangenheit und Menschenwürde) bieten eine prima Vorlage für einen spannenden, einzigartigen und aufklärenden Roman. Doch das, was der Autor aus diesem Fundament baut ist schon ab den ersten Seiten an zum Zusammenbruch verurteilt. 

Auch wenn Francois Saintonge mit seinen vielen Erzählungen zwischendurch (die kein bisschen zum Verlauf der Handlung beitragen) wahrscheinlich die Absicht hatte, dem Leser seinen Hauptcharakter näher zu bringen, hat er bei mir genau das Gegenteil erreicht. Ich habe mich eher von Tycho Mercier distanziert gefühlt - wollte mich selbst von ihm distanzieren, weil er mir von Anfang an nicht sympathisch war. Das Einzige, was man so wirklich über ihn erfährt ist sein Job und seinen damit einhergehenden Wahn (so muss man es tatsächlich schon bezeichnen) für die Geschichte der Welt. 

Das Thema des "klonens" ist sehr umstritten. Saintonge hat sich wie viele andere auch an diesem moralischen Problem die Zähne ausgebissen. Mehr Hintergrunddetails über die Entwicklung der sogenannten Klone wären auch interessant gewesen, was die Handlung vielleicht doch ein wenig authentisch gemacht hätte. So muss ich leider sagen, dass der Verfasser sich selbst in allen Bereichen, die er behandeln wollte, ein Eigentor eingeschenkt hat.

FAZIT

So sehr ich mich am Anfang auf dieses Buch gefreut habe, so groß war die Enttäuschung, nachdem ich es weggelegt habe. Oder vielleicht auch ein bisschen Ärger, dass man so leichtfertig mit solchen tollen Themen umgeht? Man hätte diesen Roman voll mit Satire und schwarzem Humor packen können, doch leider wurde einfach nur eine auf der Stelle tretende Handlung mit mehr als überflüssigen Erzählungen, ungerecht behandelten Problemen und einem unsympathischen Fanatiker als Protagonisten geschaffen. 

3 Kommentare:

  1. Na, da hast Du doch eine gute Lösung gefunden! Mal abgesehen davon, das Deine Rezension zu einem abgebrochen besser ist als so manches, was man zu gelesenen Büchern teilweise vorgesetzt bekommt ;)

    Lieben Gruß

    Rica

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    1. Vielen Dank, freut mich sehr, dass sie gefällt :)

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  2. Hallo Jule,

    da erging es dir bei diesem "Schatz" wie mir. Totlangweilen passt da wirklich. Und dabei hätte man, wie du schon sagtest, einfach so viel mehr drauß machen können. Aber wie gesagt, hätte. Dabei sit es ja leider auch geblieben.

    Tintengrüße von der Ruby

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